Sommerferien in den 1960er in Wellen
Wie heißt es so zutreffend in einem Song der Prinzen: Es war nicht alles schlecht. Wieder einmal ging ein Schuljahr der Vollendung entgegen. Ab Juli bis zum September waren dann landesweit – von Kap Arkona bis Sonneberg – Sommerferien angesagt. An zwei Facetten der Feriengestaltung möchte ich aus vergangenen Kindertagen erinnern.
Die Wellener Badeanstalt – Der Baubeginn unserer Wellener Badeanstalt erfolgte 1963. Wahrlich ein Meilenstein in der Dorfgeschichte unseres Ortes. Nach Zeiten großer Anstrengungen sprudelte Mitte der 60-er Jahre erstmalig Wasser in das Schwimmbecken. Im Eingangsbereich hatten die frequentierenden Badegäste aus nah und fern einen äußerst moderaten Eintrittspreis zu entrichten. Ein flacher Trakt beherbergte Umkleidekabinen und ein kleines Arsenal aus dem der Bademeister Hermann Alsleben Dinge wie Bälle, Schwimmreifen und so weiter für jeden erschwinglich, stundenweise vermietete. Weiterhin gab es in dem Gebäude eine kleine Gaststätte, in dieser konnten wir heiße Bockwürste, Waffeln, Kekse, Fruchtdropse und natürlich Fassbrause erwerben.
Verhieß es, ein heißer Ferientag zu werden, dann rollten auch viele Kinder mit dem Fahrrad aus Klein bzw. Groß Rodensleben und Hermsdorf an. Eine zahlreiche lebhafte Kinderschar vergnügte sich dann im erfrischenden Nass. Außerhalb des Beckens, auf der großen Liegewiese, breitete sich von Decke zu Decke ein schwerer, süßlicher Duft aus. Dieser stammte von Nussöl, welches zur schnelleren Bräunung aufgetragen wurde. Aber auch ein trauriges Ereignis verbinde ich mit dem Schwimmbad. Am 6. Juli 1967 erfuhren wir hier über Transistorradios vom verheerenden Zugunglück bei Langenweddingen.
In der Zeit der 1970er und 80er Jahre war unsere Badeanstalt eine Errungenschaft, um die uns so manches Dorf im Umkreis beneidete. Nach der Wende waren leider sukzessive die Weichen für ihr Ende gestellt.
Junge Baumeister – Wenn die Mähdrescher ihre Bahnen über die reifen Kornfelder zogen, stand unser nächstes Ferienabenteuer kurz bevor. War das Getreide abgeerntet, folgten bald die Strohpressen, diese hinterließen auf den Ackerschlägen handliche Strohballen. Im Nu wurden von uns die Ballen Kopf an Kopf zu einem Quadrat positioniert, dessen Innenraum etwa drei mal drei Meter betrug. Eine kleine Lücke wurde gelassen, die später als Eingang diente.
Nach Art der Baumeister Ägyptens legten wir Lage um Lage etwas nach innen eingerückt auf. So entstand ein sich nach oben hin verjüngendes „Bauwerk“, das der Form einer Pyramide glich. Allerdings nach kurzer Zeit war der Spaß vorüber, der Abtransport der Strohbunde in Richtung Scheunen und zu einem außerhalb des Dorfes entstehenden Diemen war angesagt. Diese Tatsache ließ uns aber nicht die Freude verderben. Der Strohdiemen wurde mit alpinistischem Geschick erklommen, hoch oben waren wir dann Fallschirmspringer oder Kosmonauten auf einem fernen Planeten. In den beiden Feldscheunen ging es gleichfalls bei unseren Aktivitäten sehr rege zu. Da so manches Band, das die Strohballen zusammenhielt, riss, wurden wir als unliebsame Gäste empfunden und folglich harsch verjagt. Wir aber waren hartnäckig genug und bald wieder zur Stelle.
So gingen langsam die Ferien zu Ende. Ich wartete schon auf den Standardsatz meiner Mutter, er folgte wie in jedem Jahr: „Warte man, ab nächster Woche geht es wieder anders lang.“ Einen Spruch, der fast in jedem Poesiealbum verankert ist, finde ich zum Schluss, trotz des reichlichen Pathos, zu diesem Thema für sehr geeignet: „Hin gehen die schönen Jahre, hin geht der Schulzeit Glück. Glaub mir – die schönen Jahre, sie kehren nie zurück.“
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